Dienstag, 20. Mai 2014

Nicht mal absteigen kann der HSV

Das Bild
Der Hamburger Sportverein hat die Klasse gehalten. Tatsächlich. Nach 34 Spieltagen, 75 Gegentoren, 27 Punkten und vier Trainern. Wo nach solchen Zahlen normalerweise der sichere Abstieg und allgemeine Ratlosigkeit vermutet werden darf, steht nun dieses Bild. Zumindest die Ratlosigkeit ist da. 

Die größte Integrationsfigur ist eigentlich Berliner, der Kapitän sammelt mehr Titelblätter im Boulevard als im Kicker und der Hoffnungsträger wird vor dem alles entschiedenen Spiel wild, wie auf dem Hamburger Fischmarkt, gehandelt.
  
Für den Gehässigen schien es diese Saison besonders verwunschen -es war praktisch angerichtet. Man würde den HSV final scheitern sehen. Der einhergehende Spott ließ sich vielleicht mit dem verschrobenen hanseatischen Selbstverständnis entschuldigen, nicht aber damit, dass sich im Misserfolg mittlerweile gewisse Regelmäßigkeiten abzeichnen: Sommerlager war super, nach Europa wolle man ausziehen, vielleicht die Bayern ärgern.
Nach 4 Spieltagen und halb so vielen Punkten dann Panik- schnell noch teuer den doch eigentlich optimalen Kader nachrüsten und Investoren weiter besänftigen. Am Ende war man fast für die Relegation nicht gewappnet. Offiziell wurde die Relegation wieder eingeführt, um die erste Liga langfristig zu stärken. Eine furchtbare Bundesligasaison kann auf Kosten einer achtbaren eines Zweitligisten egalisiert werden. Der fast vierfache Etat des Erstligisten reichte in diesem Fall aus, um unwürdigen 34 Begegnungen später in zwei weiteren Spielen einem Zweitligisten ein Tor reinzuwürgen.

Es wäre doch nur logisch und irgendwie auch gerecht gewesen, wenn sich die verfehlte Transferpolitik und das Vorstandsdurcheinander der letzten Jahre jetzt gerächt hätten. Einzig das Umfeld zeigte Geduld und Klasse, hat letztendlich aber weniger Anteil am unglaublichen Klassenerhalt als die schlichte Unfähigkeit der Konkurrenz.
Von den Tabellenletzten aus Nürnberg und Braunschweig erwartet man eine gewisse Nähe zum Abstiegskampf, nicht vom großen HSV -und weil Hamburg irgendwie jetzt die unterste aller Erwartungen doch erfüllt hat, darf dort nun gefeiert werden.
Sicher, nachdem es ein Jahr lang auf den vom Aussterben bedrohten Bundesliga-Dino Kritik hagelte, wie bei einem Meteoriteneinschlag, will der Frust bestimmt irgendwie verflüssigt werden. Allerdings dachte man, die gar nicht so promillehafte Portion Selbstdarstellung sei dabei nur tatsächlichen Gewinnern vorbehalten.

Mittwoch, 14. Mai 2014

Armin Veh verlässt Eintracht Frankfurt

Frühling 2007.
 Sie sind ein schönes Paar: Er, graues Haar zu einem modernen Kurzhaarschnitt gelegt, stets im gut sitzenden Anzug, ohne Krawatte, arbeitet bis spät in die Nacht. Er wirkt professionell, hat sich dabei ein Stück Jugendlichkeit erhalten.
Sie, jung, ein Wirbelwind. Ohne Schwärmerei lässt sich sagen; sie ist hübsch und strahlt irgendwie, wie sonst keine damals. Ihre Überstunden verbringen sie zusammen. Das macht ihre Partie so erfolgreich. Sie lässt ihn nicht ohne Stolz und so hat er stets einen Arm um seine Partnerin gelegt, gerne auch auf Reisen, die sie zusammen durch das Land antreten. Man hat sie zu Gast, eine Attraktion jedes Wochenende. Mit den beiden hatte niemand gerechnet.
Sie hat mehr Anteil an ihrem Erfolg. Er müsste das wissen.

  2008 ist es vorbei. Die Erwartungen  aus dem Umfeld waren zu groß gewachsen. Man entsprach sich nicht mehr. Er zieht in eine Stadt in der eigentlich niemand lebt, sie verliert ein paar Haare. Er geht andere Beziehungen ein, die Erwartungen des neuen Elternhauses an ihn sind schließlich zu groß. Er geht das nächste Verhältnis ein: noch schlimmer. Aus dem Norden kommt er einsam nach Mitteldeutschland. Er lernt jemanden kennen, trifft sie in einem dunkeln Keller. Sie ist nicht wirklich sein Fall: irgendwie unförmig, vegetiert unter ihren Möglichkeiten, aber mit viel Herz, launenhaft aber, eine Diva.
Sie hat ihre Werte dort unten behalten.
Er geht die Beziehung auch ein, weil er weiß, dass sein Marktwert längst gesunken ist. Die Augenringe lassen ihn noch älter aussehen als er ist. Die Jugendlichkeit wirkt mittlerweile aufgesetzt und seine saloppe Art ist offensichtlich Selbstschutz. Zusammen ziehen sie aus dem Loch in einen Turm. Die Miete können sie eigentlich nicht bezahlen.
Nach 3 Jahren verlässt er sie nach Absprache und im Einvernehmen. Sie wird einen neuen finden, hoffentlich bald.
Er zieht zurück zu seiner großen Liebe nach Süddeutschland. Beide werden versuchen an alte Zeiten anzuknüpfen. Seine Erste hat die Diva nicht auf dem Zettel gehabt und wundert sich dann doch, es wäre irgendwie logisch gewesen, wenn er während ihrer Zeit Briefe mit einem regelrechten Mannequin gewechselt hätte. Besonders Anmutig ist die Stuttgarterin zu der er zurückkehrt nicht mehr, denkt sie sich in ihrer unsteten Art. Am Besten reflektiert sie seine Wahl.

2014
Die berühmte Luft war raus. Gut, dass die Angelegenheit vorzeitig und im Einvernehmen beendet wurde, einen weiteren, siechenden Scheidungskrieg kann sich zu diesem Zeitpunkt keiner der beiden erlauben.

Mittwoch, 7. Mai 2014

Pirmin Schwegler verlässt Eintracht Frankfurt

Lieber Pirmin,

dein Gesicht hängt an meiner Kerkertür.

Darüber prangert ein Stern aus Stroh, zugegebenermaßen ein Übrigbleibsel des letzten Weihnachtsfestes, dem heiligsten Tag nach Samstag. An dieser Tür hältst Du quasi einen Grenzposten. Mein Reich, mein Fußball, endet dort. Zu einem Abgrund, dem Flur an dessen gegenüberliegenden Klippen ein anderes Königreich aufragt. Dort haust mein WG-Mitbewohner, Bayernfan.

  Gerne auch von Gästen belächelt, hatte ich Dich dort immer mit einem gewissen Stolz hängen. Vielleicht hattest du deine Schatzkammer nicht voll mit Gold und Jungfrauen, aber du hast mein Banner stets mit nahezu ritterlicher Ehre vertreten. Und gerade deine Rüstung wurde dabei am meisten zerbeult.
Brüche, Entzündungen und Fieber hast du stets bis zur Unvernunft an Dir ausdoktorn lassen um bloß aufzulaufen und für die Eintracht zu spielen. In der Abstiegssaison warst du ebenso lethargisch wie der Rest der Schwarzweißen, hast dich aber dazu entschlossen, den Verein wieder in die erste Bundesliga zu hieven und hast Verantwortung übernommen. - nicht den Verein zu einem der zahlreichen Interessanten verlassen. Du warst am Aufstieg wesentlich beteiligt. Und am Durchlauf in der Wiederaufstiegshinrunde. Am Einzug in den Europapokal. An vielen schönen Toren. Und jetzt ziehst du doch deine Austiegsklausel um nach Hoffenheim zu ziehen. Hoffenheim.
Gegensätzlicher zu Frankfurt könnte dein neuer Arbeitsplatz auf dem Lande kaum sein. Die Bankenstadt ist wirtschaftlich schwach, nicht zahlungskräftig, im Kraichgau hingegen hat man hinter Scheunen Geld wie Heu. Eine gleiche, millionenfache Differenz lässt sich in der Anzahl der Fans der beiden Clubs ausmachen.
Ein Armutszeugnis für den Verein Frankfurt, mehr Perspektive in einem Dorf zu sehen, als in einer Stadt die Grüne Soße hervorgebracht hat. Die Trainersuche muss schleppender vorrangehen, als gedacht.

Aber so ist das Business. Besonders macht Dein Gang neben der neuen Wahlheimat aber auch die eigentliche Verlautbarung.
Darüber, dass Rode in München keinen Fuß auf den Rasen bekommt, müssen wir nicht reden, Pirmin, aber der Sebbl hatte zumindest den Mumm, direkt, auch in Richtung der Eigenen, verlauten zu lassen, dass er den Verein verlässt und seinen Vertrag nicht verlängern möchte. Ich finde es daher einem Kapitän unwürdig, gar feige die ganze Angelegenheit von Hoffenheimer Seite abwickeln zu lassen und über den Punkt des letzten Heimspiels und einer Verabschiedung im Adlertrikot verschleppen zu lassen. Natürlich hätte es Pfiffe gegeben. Rode hat sich diese Pfiffe abgeholt.

Die Hintertür die Du gewählt hast, hat mein Verlies nicht. Du hängst noch an der einzigen Tür. Um einen Fleck zu verdecken.